Seite:Lucians Werke 0926.jpg

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lange, bis sie endlich in Pappeln verwandelt wurden, als welche sie noch heutiges Tages Bernstein statt der Trauerthränen weinen.“ Aber so war die Sache gewiß nicht, und es wäre Versündigung, das Mährchen zu glauben. Denn Helios hatte keinen Sohn; und hätte er einen gehabt, so wäre er nicht gestorben.

20. Noch manche andere fabelhafte Dinge erzählen die Griechen, denen ich keinen Glauben beimessen kann. Wäre es z. B. nicht irreligiös, zu glauben, Aeneas sey wirklich der Venus, Minos Jupiter’s, Ascalaphus des Mars, und Autolycus des Mercur Sohn gewesen? Das Ganze an der Sache ist, daß der Eine dieser, der Andere jener Gottheit besonders lieb war, und daß sie unter günstigem Einflusse der Planeten Venus, Jupiter, Mars oder Mercur geboren worden. Denn welcher Planet bei der Geburt eines Menschen eben regiert, der theilt ihm, wie der Vater dem Kinde, seine Eigenthümlichkeit nach Sinnesart, Werken, Gestalt und Farbe mit: also wurde Minos durch Jupiter’s Einfluß ein König, Aeneas erhielt durch die Gunst der Venus körperliche Schönheit, Autolycus nahm von Mercur die Kunst und Neigung zu stehlen an, u. s. f.

21. Auch ist nicht wahr, daß Jupiter den Saturn gefesselt in den Tartarus gestürzt, und Anderes dergleichen gethan habe, was die Leute gewöhnlich glauben. Sondern der Planet Saturn hat die von uns entfernteste Bahn, seine Bewegung ist langsam und von den Menschen nicht leicht wahrzunehmen. Daher sagt man von ihm, er bleibe unbeweglich, weil er gefesselt sey. Was man aber den Tartarus nennt, ist der tiefe Luftraum des Himmels.

Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. Stuttgart: J. B. Metzler, 1827–1832, Seite 926. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0926.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)