Seite:Lucians Werke 0934.jpg

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daß er mit Besonnenheit zu empörten Volkshaufen sprach, und den größten Theil dahin brachte, dem Besten des Vaterlandes in aller Ordnung zu dienen. – So war der Character dieses Weisen: mild, menschenfreundlich, wohlgemuth.

10. Das Einzige, was ihn tief betrüben konnte, war die Krankheit oder der Tod eines Freundes: denn die Freundschaft ging ihm über Alles, was das Menschenleben Schönes hat. Und darum war er freundlich gesinnt gegen Alle und Jede; und Wer nur ein Mensch war, den betrachtete er als einen seiner Angehörigen. Zwar schloß er sich an Einige lieber und inniger als an Andere an: gänzlich ferne aber hielt er sich nur von den Verdorbenen, die ihm keine Hoffnung mehr gaben, sie bessern zu können. Und bei Allem, was er that und sagte, begleiteten ihn[WS 1] die Genien der Anmuth und des einnehmenden Wohlwollens; so daß mit Recht von ihm das Wort des Komikers[1] gilt:

Auf seinen Lippen saß der Ueberredung Zauber.

11. In der That entsprach diesen Vorzügen die außerordentliche Achtung, in welcher er zu Athen nicht blos bei dem Volke, sondern auch bei den Vornehmsten stand. Man war gewohnt, in ihm ein besseres Wesen, als gewöhnliche Sterbliche sind, zu erblicken. Anfänglich zwar hatte seine Offenheit und Freimüthigkeit bei der Menge großen Anstoß erregt, und der Haß, den er sich dadurch zuzog, war um nichts geringer[2] (gewesen, als die Liebe, mit welcher man ihm nachmals


  1. Des Eupolis bei Diodor von Sic. XII, 40.
  2. Angenommen, daß τοῦ entweder (mit du Soul) getilgt, oder (mit Fritzsche) in που verwandelt wird.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: ihm
Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 934. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0934.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)