Seite:Lucians Werke 0961.jpg

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Echo in unsern Ohren nach: so wohlthuend, so unwiderstehlich ist der Eindruck, den ihre Rede in unserem Gemüthe zurückläßt. Wenn sie aber nur erst zu singen anfängt, zumal wenn sie zur Guitarre singt, o dann müssen neben ihr alle Halcyonen, Cicaden und Schwäne verstummen. Denn mit jenem verglichen, tönt jeder andere Gesang unmelodisch; und selbst Philomele, wenn sie den ganzen Reichthum ihrer klangvollen Kehle aufbietet, ist gegen sie nur eine armselige Stümperin.

14. Ja Orpheus und Amphion selbst, die ihre Zuhörer zu bezaubern wußten, wie kein Sterblicher, die sogar leblose Dinge zu ihrem Gesange herbeizogen, selbst diese, glaube ich, würden, wenn sie die Panthéa vernähmen, ihr Saitenspiel verstummen lassen und mit schweigendem Entzücken diesen Tönen horchen. Denn diese genaue Beobachtung der melodischen und rhythmischen Gesetze, dieses richtige Treffen des rechten Maßes in Hebung und Senkung des Tons, diese unfehlbare Harmonie des Gesanges mit der Stimmung und Mensur des Saitenspiels, diese Fertigkeit der Finger, diese Weichheit der Modulationen, woher sollte das Alles jenem Thracier und diesem Böotier gekommen seyn, der seine musicalischen Uebungen unter den Viehherden des Cithäron anstellte? Glaube mir, lieber Lycinus, wenn du sie einmal singen hören wirst, so wirst du nicht mehr blos die versteinernde Wirkung der Gorgone an dir verspüren, sondern auch inne werden, was Homer mit seinen Sirenen meinte. Denn ich weiß nur zu gewiß, du wirst von dem Zauber dieser Töne auf die Stelle hingebannt (wie dort Ulysses), Heimath und Freunde vergessen. Und wolltest du auch mit Wachs dir die Ohren verstopfen,

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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 961. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0961.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)