Seite:Lucians Werke 1010.jpg

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glänzenden Glücksumständen des Vaters vor seiner Verurtheilung kaum etwa einer der minder vornehmen und vermögenden Bürger entschlossen haben würde, sie zur Gattin zu nehmen. Denn zu ihrem fatalen Aeußeren kam noch, daß sie, wie es hieß, mit zunehmendem Monde gewöhnlich schlimme Zufälle bekam.

25. Als nun einst Menekrates seinen Kummer dem Zenothemis klagte, sprach ihm dieser Muth ein und tröstete ihn mit der Versicherung, es werde ihm gewiß nie an dem Nothwendigen fehlen, und auch seine Tochter werde einen ihrer Abkunft würdigen Gatten finden. Mit diesen Worten nahm er ihn bei der Hand und führte ihn in seine Wohnung, wo er sein ganz großes Vermögen mit ihm theilte. Zugleich ließ er Anstalten zu einem großen Feste machen, zu welchem er außer seinen übrigen Freunden auch den Menekrates einlud, indem er sich das Ansehen gab, als hätte er einen seiner Bekannten vermocht, zu der Heirath mit seiner Tochter sich zu verstehen. Schon war die Mahlzeit vorüber, und die Libation den Göttern dargebracht, da reichte ihm Zenothemis eine volle Schaale mit den Worten dar: „Hier, Menekrates, nimm den Freundschaftstrunk aus der Hand deines Schwiegersohnes. Heute noch führe ich deine Tochter Cydimache als Gattin heim: ihre Mitgift, fünfundzwanzig Talente im Betrag, habe ich längst empfangen!“ – „Nein Zenothemis!“ rief der erstaunte Vater, „nimmermehr! So verblendet bin ich nicht, um zuzugeben, daß ein junger und schöner Mann, wie du, sich Zeitlebens an ein so häßlich verunstaltetes Mädchen kette.“ Allein Zenothemis, ohne darauf zu hören, nahm seine Braut, führte sie in das hochzeitliche Gemach, und bald

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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 1010. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_1010.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)