Seite:Lucians Werke 1020.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

wie die verbuhlten Weiber vor, deren Besitz gemeinsam ist. Unmöglich kann, wie wir glauben, eine Freundschaft stark seyn, die sich unter Viele theilt.

38. Ich beginne mit der Geschichte des Dandamis, die sich erst vor Kurzem zugetragen. Dieser Dandamis war der Freund eines gewissen Amizokes, der im Kriege mit den Sarmaten dem Feinde in die Hände fiel. – Doch fast hätte ich unsere Verabredung vergessen, und meinen Scytheneid nicht abgelegt. Ich schwöre also bei’m Winde und bei’m Säbel, daß ich dir, Mnesippus, keine Unwahrheit von den Scythischen Freunden erzählen wolle.

Mnesippus. Ich hätte eben keinen Schwur von dir begehrt: übrigens hast du klüglich gethan, daß du bei keiner Gottheit geschworen.

Toxaris. Was sagst du? Der Wind und der Säbel gelten dir nicht für Götter? Weißt du denn nicht, daß es für die Menschen nichts Wichtigeres gibt, als Leben und Tod? Wenn wir nun bei’m Winde und bei’m Säbel schwören, so geschieht es, weil wir den Wind als die Ursache des Lebens, den Säbel als den Urheber des Todes betrachten.

Mnesippus. Wenn es Das ist, so gäbe es noch unzähliges Andere, was euch, so gut als der Säbel, Gott seyn müßte, z. B. der Pfeil, die Lanze, der Schierlingssaft, der Strick. Denn er ist ein vielgestaltiger Gott, der Tod, und er öffnet tausend Wege, die zu ihm führen.

Toxaris. Was du doch einen Widerspruchsgeist hast, Mnesippus. Mit deinem Disputiren unterbrichst du mich ja, noch ehe ich recht angefangen habe. Und während du sprachst, hörte ich doch so ruhig zu.

Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 1020. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_1020.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)