Seite:Lucians Werke 1065.jpg

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Jüngferchen in seinen Bauch ein, so daß sie nur, um nicht sogleich zu ersticken, mit dem Kopfe aus dem Esel heraussehen kann. Um sie noch besser zu verwahren, nähen wir den Bauch des Thieres fest zusammen, und werfen nun das Paar den Geiern vor, denen in ihrem Leben nie ein Schmaus dieser Art wird zubereitet worden seyn. Bedenkt einmal, Kameraden, was das eine Marter seyn muß, in dem Aas eines Esels eingesperrt zu seyn, dabei von der brennenden Sonnenhitze dieser Jahrszeit gebraten zu werden und unter den langsam tödtenden Qualen des Hungers und Durstes allmählig zu verschmachten, ohne seinen Tod beschleunigen zu können! Anderer Scheuslichkeiten gar nicht zu gedenken, die sie erfahren wird, wenn einmal der verwesende Esel die Luft vergiftet und von Würmern wimmelt. Zuletzt werden die Geier, wenn sie den Esel durchgefressen, auch an sie kommen und sie vielleicht noch lebendig zerfleischen.“

26. Alle begrüßten den gräßlichen Einfall als einen glücklichen Fund mit lautem Beifallsrufe. Aber ich seufzte tief auf – also geschlachtet sollte ich werden, sollte nach dem Tode, statt im Frieden zu ruhen, eine unschuldige verzweifelnde Jungfrau einschließen, um ihr Grab zu werden? – Inzwischen begann es zu tagen, und siehe! – plötzlich ist das Haus von einer Menge Soldaten umringt, die man unsern Schurken auf den Leib geschickt hatte. Ohne vielen Widerstand ließen sie sich sämmtlich in Ketten legen, um vor den obersten Beamten der Gegend geführt zu werden. Mit den Soldaten war auch der Verlobte des gefangenen Mädchens angekommen, denn er war es, der den Schlupfwinkel der Räuber ausgekundschaftet und der Obrigkeit angezeigt hatte.

Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 1065. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_1065.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)