Seite:Lucians Werke 1074.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

37. Am folgenden Tage gingen sie an die Arbeit, wie sie’s nannten. Die Göttin ward herausgeputzt und auf meinen Rücken gesetzt. Darauf zogen wir aus der Stadt auf das Land, und so oft wir in ein Dorf kamen, mußte ich Götterträger[1] Halt machen. Der Chor der Flötenspieler fing zu blasen an, worauf der ganze Trupp, wie von Begeisterung ergriffen, die Mützen von sich warf, die Köpfe verdrehte, die Arme mit Säbeln sich verwundete, die Zungen herausreckte und auch diese blutig ritzte, so daß in Kurzem Alles von dem unsaubern Blute dieses Gesindels voll war. Ich sah das Alles anfänglich mit Zittern und Beben an, weil ich besorgte, die Göttin möchte auch Eselsblut vonnöthen haben. Nachdem sie sich nun zur Genüge zerschnitten hatten, sammelten sie von den umstehenden Zuschauern Obolen und Drachmen ein. Manche gaben noch obendrein getrocknete Feigen, ein Paar Käse, einen Krug Wein, und eine Metze Waizen oder Gerste für den Esel. Von diesen Einkünften nährten sie sich selbst, und bestritten den Aufwand, welchen der Kultus der Göttin, die ich trug, erforderte.

38. Einmal waren wir in ein Dorf eingefallen, wo meine Leute eines derben Bauerburschen habhaft wurden, den sie mit in ihre Herberge nahmen. Dort litten sie von ihm, was ihrem abscheulichen Cinädischen Geschmacke so sehr zusagte. Ueberwältigt vom Schmerze über meine Verwandlung, die mich bis jetzt so vieles Schändliche mitanzusehen und zu erdulden nöthigte,[2] wollte ich ausrufen: O grausamer Jupiter!


  1. θεοφόρος.
  2. οἴων μέχρι καὶ νῦν, mit Jacob’s.
Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 1074. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_1074.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)