Seite:Lucians Werke 1127.jpg

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bleiben? Nein wir müßen auf ein anderes Mittel denken.

30. Höre, Wundermann Apollo, du gibst dich ja für einen großen Propheten aus – und wirklich hat dir die Sache reichlichen Gewinn gebracht, so daß du sogar einmal goldene Ziegel erhalten hast – jetzt wäre der rechte Augenblick, deine Kunst zu zeigen: warum sagst du uns nicht voraus, welcher von beiden Sophisten den Sieg davon tragen wird? Ein Wahrsager, wie du, muß doch wohl den Ausgang vorher wissen.

Apollo. Wie sollte ich das jetzt im Stande seyn, Momus, wo mir kein Dreifuß, kein Räucherwerk, und keine prophetische Quelle, wie die Kastalische, zur Hand ist?

Momus. Aha! du willst dich damit aus der Schlinge ziehen, und einer Probe deiner Kunst ausweichen?

Jupiter. Laß dich immerhin vernehmen, mein Sohn, und gib dem bösartigen Spötter da keinen weitern Anlaß, über deine Sachen sich lustig zu machen, als ob deine Prophetengabe nur an den Dreifuß, das Wasser und den Weihrauch gebunden wäre, und du ohne diese Dinge lediglich Nichts vermöchtest.

Apollo. Es wäre freilich besser, mein Vater, dergleichen in Delphi oder Kolophon vorzunehmen, wo ich Alles, was ich dazu brauche, gehörig zur Hand hätte. Gleichwohl will ich auch, entblöst von Allem und unvorbereitet, wie ich bin, prophezeien, auf Wessen Seite der Sieg seyn wird. Nur müßt ihr euch schon gefallen lassen, wenn ich dießmal nicht im besten Sylbenmaße orakle.

Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 1127. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_1127.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)