Seite:Lucians Werke 1157.jpg

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Mutter speisen soll, und du nimmst seinen Platz ein.“ Ich trete also in den Saal, hungrig wie ein Wolf, der um ein Kleines den Rachen vergebens aufgesperrt hätte, übrigens doch etwas beschämt, daß ich den Sohn vom Hause vom Tische verdrängen sollte. Wie man sich niederließ, faßten zuerst fünf große und starke Bursche den Thesmopolis, und pflanzten ihn nicht ohne große Anstrengung an seinen Platz, wo er von allen Seiten mit Kissen umbaut wurde, um sich eine Zeitlang in gleicher Lage halten zu können. Da kein Anderer es über sich brachte, neben ihn sich zu lagern, so ward ich dazu verurtheilt, sein Tischnachbar zu seyn; Jetzt ging es an’s Essen, Pythagoras! Was da ein Ueberfluß und eine Mannichfaltigkeit von den vortrefflichsten Speisen war! Welcher Reichthum an Gold- und Silbergeschirr! Alle Trinkbecher waren von Gold; die Aufwartung wurde von lauter hübschen Jungen besorgt; zudem fehlte es nicht an Musikern und Lustigmachern; kurz es war dir ein köstlicher Abend: nur das Einzige verdroß mich, daß der widerwärtige Thesmopolis immer, ich weiß nicht was, von Tugend an mich hinschwatzte, und mir demonstrirte, daß zwei Negationen eine Affirmation geben, und daß es nicht Nacht seyn kann, wann es Tag ist, und daß ich Hörner hätte,[1] und was des albernen philosophischen Plunders mehr war, den er mir in Einem fort aufdrang, und wodurch er mir, weil ich den Zitherspielern und Sängern nicht zuhören konnte, Vieles von dem Genusse dieses Abends raubte. – So war unsere Mahlzeit beschaffen, mein lieber Hahn.


Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 1157. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_1157.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)