Seite:Lucians Werke 1249.jpg

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nach Hause zu leuchten. Und welches mühselige Geschäft ist dem Apollo zugefallen, der fast taub geworden ist über dem Geschrei der Leute nach Orakeln: jetzt soll er in Delphi seyn, im nächsten Augenblicke eilt er nach Colophon, von da an den Xanthus, dann im vollen Laufe wieder zurück nach Clarus, hierauf nach Delus oder zu den Branchiden; kurz, wohin immer die Oberpriesterin, wenn sie aus dem heiligen Borne getrunken, den Lorbeer gekaut, und den Dreifuß geschüttelt hat, seine Gegenwart verlangt, dort muß er augenblicklich und unverdrossen erscheinen, und Orakelverse schmieden, wenn er nicht will, daß die Ehre seiner Kunst zu Grunde gehe. Dessen gar nicht zu gedenken, daß ihm die Menschen, um seine Prophetengabe auf die Probe zu stellen, manchmal Fallen legen, und z. B. Schöpsenfleisch und Schildkröten in Einem Topfe kochen.[1] Hätte er damals nicht eine so feine Nase gehabt, der Lydier hätte sich über den Propheten voll gelacht. Und Aesculapius – wie sauer wird doch Diesem das Leben von seinen Kranken gemacht!

Das Aergste sieht er, und berührt das Widrigste,
Und schöpft aus fremden Leiden eignes Ungemach.[2]

Wenn ich aber vollends herzählen wollte, was die Winde Alles zu arbeiten haben, um das Wachsthum der Pflanzen zu befördern, die Schiffe auf dem Meere fortzuschaffen, die Spreu auf den Dreschtennen wegzublasen und dergleichen; oder der Schlaf, der bei allen und jeden lebenden Wesen herumfliegen, und der Traum, der alle Nächte mit ihm durchwachen,


  1. S. der überwies. Jup. 14. Herodot I, 47.
  2. Parodie von Hippocrates περὶ φυσῶν I, 6.
Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 1249. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_1249.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)