Seite:Lucians Werke 1317.jpg

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auch schriftliche Zeugnisse davon aus dem Alterthume hinterlassen. Gibt es nicht eine Apologie des Socrates, des Aeschines, des Hyperides, des Demosthenes, und so fast von allen Rednern und Weltweisen? Nur eine Apologie des Parasiten gibt es nicht, und Niemand wird sagen können, daß je auch nur eine Klage gegen einen Parasiten sey anhängig gemacht worden.

57. Tychiades. Nun ja, bei’m Jupiter, ich muß es zugeben, daß das Leben eines Parasiten Vieles vor dem der Rhetoren und Philosophen voraus hat. Aber im Sterben wird er doch wohl schlimmer daran seyn?

Simon. O, im Gegentheile, bei Weitem besser. Von den Philosophen wissen wir ja, daß Alle, wenigstens die Meisten, eines kläglichen Todes gestorben sind. Einige wurden der schwersten Verbrechen wegen zum Giftbecher verurtheilt, Andere verbrannten bei lebendigem Leibe [Empedocles]; Andere gingen am Harnzwange d’rauf [Epicur]; Andere starben im Exil [Aristoteles und Andere]. So hat noch nie ein Parasit geendet: des Parasiten Tod ist der seligste, denn er stirbt essend und trinkend. Und sollte auch ja Einer eines anscheinend gewaltsamen Todes verblichen seyn, so war es gewiß nur an einer Unverdaulichkeit.

58. Tychiades. Gut! der Wettkampf mit den Philosophen wäre nun ausgefochten, und zwar zum Vortheile des Parasiten. Versuche mir nun endlich noch, zu beweisen, daß es etwas Ehrenhaftes um das Schmarotzen, und dem Tischherrn von Nutzen sey, so einen Mitesser bei sich zu haben. Es will mich nämlich bedünken, als ob das Brod, das der Parasit an des Reichen Tische ißt, ein Gnadenbrot wäre, dessen er sich schämen sollte.

Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 1317. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_1317.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)