Seite:Lucians Werke 1318.jpg

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Simon. Bilde dir nicht so einfältiges Zeug ein, Tychiades! Begreifst du denn nicht, daß ein reicher Mann, und wenn er Gyges Schätze hätte, arm wäre, wenn er allein essen müßte, und von einem Bettler in Nichts sich unterschiede, wenn er auf der Straße ohne Parasiten erschiene. Wie ein Soldat ohne Waffen, ein Staatskleid ohne Purpur, ein Pferd ohne Kopfschmuck nur eine unansehnliche Figur macht, so ist auch der Reiche eine armselige Person, wenn nicht ein Parasit ihm zur Seite geht. Der Parasit macht also dem Reichen Ehre, nicht der Reiche dem Parasiten.

59. Man kann sonach nicht, wie du meinst, dem Parasiten vorwerfen, als lasse er sich, der Geringere, von einem Vornehmern füttern, da es ja[1] im Interesse des Reichen liegt, seinen Parasiten zu ernähren, der nicht nur seinen Glanz vermehrt, sondern auch zu der Sicherheit seiner Person wesentlich beiträgt, indem er eine Art Leibwache für ihn bildet. Nicht so leicht wird Einer wagen, einen reichen Herrn anzugreifen, wenn er den Parasiten ihm zur Seite stehen sieht: und Keiner, der einen Parasiten hält, darf besorgen, vergiftet zu werden; denn Wer wird sich Solches getrauen, da ja der Parasit Alles vorkostet und credenzt? Also Beweises genug, daß der Reiche durch seinen Mitesser nicht bloß geehrt, sondern auch vor den größten Gefahren sicher gestellt wird. Aus lauter Anhänglichkeit nimmt der Parasit alles Gefährliche auf sich, und macht, daß sein Patron ruhig essen kann; ja er könnte sich entschließen, an seiner Tafel sogar für ihn zu sterben!

60. Tychiades. Nun, Das muß wahr seyn, Simon,


  1. Ich vermuthe ὃπου.
Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 1318. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_1318.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)