Seite:Lucians Werke 1387.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

vollkommen wach war, und mir in meinen Angelegenheiten guten Rath ertheilte, und Was ich damals selbst gesehen; eben so Was ich in der Folge zu Pergamus erfahren und in Patara vernommen habe, das will ich euch jetzt erzählen. Auf meiner Rückreise aus Aegypten hörte ich unterwegs, daß das Orakel zu Mallus das angesehenste und zuverläßigste sey, und daß es alle Fragen, die man dem Propheten schriftlich vorlegt, recht deutlich und Wort für Wort beantworte. Ich beschloß daher, im Vorbeifahren einen Versuch mit diesem Orakel zu machen, und den Gott über gewisse künftige Dinge zu Rathe zu ziehen.“

39. Wie der Alte so plauderte, merkte ich wohl, daß es bei ihm auf eine langweilige Litanei von Orakelsprüchen abgesehen war. Ich aber fand es nicht sehr angemessen, der Einzige zu seyn, der widersprach; zudem fühlte ich wohl, wie unangenehm ihnen die Gegenwart eines Mannes war, der bei allen ihren Lügen den ungläubigen Philosophen spielte. Ich verließ also meinen Mann mitten auf der Fahrt zwischen Aegypten und Mallus, indem ich sagte: „Ich muß jetzt gehen, den Leontichus aufzusuchen, den ich nothwendig zu sprechen habe. Wie es aber scheint, so habt ihr nicht genug an den menschlichen Dingen, sondern nehmt noch die Götter selbst zu Hülfe, damit des Fabelns kein Ende sey.“ Mit diesen Worten verließ ich sie; und nun mögen sie ihre Freiheit sich wacker zu Nutz gemacht, und mit erlogenen Geschichtchen nach Herzenslust sich bewirthet haben. Von dieser Unterhaltung komme ich nun gerade her, mein lieber Philokles. Mir ist wie Einem, der zu viel neuen Most getrunken, und

Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 1387. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_1387.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)