Seite:Lucians Werke 1407.jpg

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3. „Welcher Schelm, welcher Windbeutel hat dir dieses Mährchen aufgebunden?“ riefen sie. „Wir haben noch keinen Fuhrmann vom Himmel fallen sehen; noch gibt es bei uns solche Pappeln, wie du sie beschreibst. Wenn Das wäre, glaubst du denn, wir würden rudern für zwei Obolen des Tages, oder Schiffe stromaufwärts ziehen; da wir ja nur Pappelthränen aufzulesen brauchten, um so reich zu seyn, als wir wollten?“ Dieser Bescheid machte mich nicht wenig betreten: ich schwieg beschämt, daß ich so kindisch seyn konnte, den Poeten, deren Sache die gesunde Vernunft nicht ist, eine so abenteuerliche Fabel auf’s Wort zu glauben. Es ärgerte mich zugleich, in Einer der großen Hoffnungen, mit welchen ich hieher gekommen, mich getäuscht, und den schönen Bernstein mir gleichsam aus den Händen entschlüpft zu sehen, von welchem ich schon in Gedanken den mannichfaltigsten Gebrauch gemacht hatte.

4. Um so zuverläßiger hoffte ich etwas Anderes dort anzutreffen, nämlich die vielen singenden Schwäne an den Ufern jenes Stromes. Ich fragte also meine Schiffleute abermals – denn noch immer fuhren wir stroman: „Aber wann bekommen wir denn jene Schwäne zu hören, die zu beiden Seiten dieses Flusses stehend, ihre schönen Melodieen ertönen lassen? Denn man sagt ja, sie seyen einst musikalische Menschen und Gefährten des Apollo gewesen, und in dieser Gegend in Vögel verwandelt worden, als welche sie ihre Musik so wenig vergessen hätten, daß sie auch jetzt noch sängen wie ehemals.“

5. Meine Schiffer lachten auf’s Neue. „Höre, Mensch,“ sagten sie, „wirst du denn heute nicht fertig werden, unserer

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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 1407. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_1407.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)