Seite:Lucians Werke 1526.jpg

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6. Um übrigens deiner Beschuldigung doch mit der bündigsten Rechtfertigung zu begegnen, so lies einmal mein Gedicht „Werke und Tage,“ und du wirst dort eine Menge ächt prophetischer Voraussagungen antreffen, indem ich ankündige, was erfolgen werde, wenn dieß oder jenes auf die rechte Art und zu rechter Zeit gethan wird, und welchen Schaden man davon haben werde, wenn man dieß und jenes zu beobachten unterläßt. Vernachläßige z. B. deine Feldgeschäfte, und deine ganze Ernte

Trägst du im Korbe davon, und Wenige werden dich neiden.[1]

Und wiederum findest du dort, welchen Segen Diejenigen zu erwarten haben, die ihre Felder nach der Regel behandeln. Gibt es für das menschliche Leben eine nützlichere Art von Prophezeiungen?

7. Lycinus. In der That, mein bewundernswürdiger Hesiod, da hast du wie ein ächter Hirt gesprochen. Nun muß wohl wahr seyn, daß deine Gedichte rein von den Musen eingegeben waren, da du ja zu ihrer Rechtfertigung nichts Eigenes vorzubringen weißt. Uebrigens haben wir von dir und den Musen nicht diese Art von Weissagung erwartet. In dieser Art sind unsere Bauern noch weit bessere Propheten: sie wissen auf ein Haar vorauszusagen, wenn es tüchtig regnen wird, werden wir schwere Garben bekommen; sollte aber die trockene Hitze andauern und unsere Felder durstig bleiben, so wird unfehlbar Hunger auf den Durst folgen; mitten im Sommer darf man nicht pflügen und säen, oder man wird vergebens gearbeitet und seine Saatfrucht umsonst


  1. Werke und Tage 480.
Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 1526. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_1526.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)