Seite:Lucians Werke 1579.jpg

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Geht sie zu einem Schmause, wofür sie jedesmal bezahlt wird, so betrinkt sie sich nie, denn dadurch macht man sich lächerlich und den Männern widerwärtig: auch ist sie nicht so unfein, die Speisen im Uebermaaß einzuführen, sondern sie berührt, was sie nimmt, nur mit den Fingerspitzen, und füllt nicht beide Backen auf einmal an, am wenigsten aber spricht sie dazu. Und wenn sie trinkt, so geschieht es sachte, nicht auf einen Zug, sondern in Absätzen.

Corinna. Aber wenn sie nun einmal durstig ist, Mutter?

Crobyle. Gerade dann am meisten, liebe Corinna. Sie spricht auch nicht mehr, als schicklich ist, und erlaubt sich keine Spöttereien gegen irgend Einen der Anwesenden. Ihre Aufmerksamkeit ist nur auf Den gerichtet, von welchem sie bezahlt wird. Darum ist sie auch bei allen jungen Männern so beliebt. Und wenn sie mit Einem derselben allein zu seyn hat, so wird sie sich nie die geringste Frechheit oder Unanständigkeit beigehen lassen, sondern einzig und allein bemüht seyn, den Mann zu fesseln und zu ihrem wahren Liebhaber zu machen. Das ist’s hauptsächlich, was ihr den Beifall Aller erworben hat. Und nun, liebe Tochter, lerne Das auch, und wir werden eben so glücklich seyn, wie Jene. Denn im Uebrigen bist du noch um Vieles – – doch nein, Adrastea möge mir vergeben, was ich sagen wollte. Bleibe nur hübsch gesund, weiter wünsch’ ich Nichts.

4. Corinna. Aber sage mir, Mutter, sind denn die jungen Leute, von welchen wir Geld bekommen, alle so wie der Eucritus, der diese Nacht bei mir war?

Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 1579. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_1579.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)