Seite:Lucians Werke 1601.jpg

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Ioëssa. O wehe! Pythias, wir sind verloren! Gewiß hat er es gehört, daß du vom Verschließen sprachst.

3. Lysias. Ich komme zurück, Pythias, nicht wegen dieser Dirne da, die keines Blickes mehr werth ist, sondern wegen deiner, damit du mich nicht ungehört verurtheilen und nicht sagen sollst, Lysias sey ein gefühlloser Mensch.

Pythias. Das sagte ich und sag’ es noch.

Lysias. Wie? du willst also, ich soll das Betragen dieser Ioëssa entschuldbar finden, die jetzt zwar weinen kann, die ich aber vor Kurzem, da sie mich ferne glaubte, an der Seite eines jungen Menschen schlafend angetroffen habe?

Pythias. Lysias, sie ist eine Hetäre, das ist Alles. Uebrigens wie lange ist es denn, daß du diese Entdeckung gemacht hast?

Lysias. Es werden ungefähr fünf Tage seyn – richtig; es war am zweiten dieses Monats, und heute ist der siebente. Mein Vater, dem zu Ohren gekommen war, daß ich schon seit geraumer Zeit eine Bekanntschaft mit dieser saubern Person unterhalte, hatte mir die Hausthüre verschließen lassen, und dem Thürsteher den gemessenen Befehl gegeben, mir nicht zu öffnen. Mir war es unerträglich, eine Nacht ohne sie zubringen zu müssen. Mein Dromo mußte sich also an die Hofmauer, wo sie am niedrigsten ist, stellen, damit ich auf seine Schultern steigen, und so ohne Mühe über die Mauer hinüber kommen konnte. Dieß geschah, ich kam hieher, fand aber die äußerste Hausthüre sorgfältig verschlossen. Weil es schon Mitternacht war, wollte ich nicht anklopfen, sondern hob, was ich auch sonst wohl gethan, die Thüre sachte aus den Angeln, und kam so ganz stille

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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 1601. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_1601.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)