Seite:Lucians Werke 1685.jpg

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29. Ich übergehe so vieles Andere, was ihnen Verdruß macht: bald ein ungerathener Sohn, bald die Gemahlin, die in einen Bedienten verliebt ist, bald ein Liebling, der mehr, weil er muß, als weil es ihm Freude macht, Gesellschaft leistet. Kurz es ist Dessen gar zu viel, was ihr nicht wisset; und so seht ihr nur ihr Gold, ihre Purpurkleider, und sperret die Mäuler auf und bückt euch voller Ehrfurcht, wenn sie mit ihren milchweißen Gespannen dahergefahren kommen. Würdet ihr dagegen thun, als ob ihr sie nicht sähet, und keinen Blick auf ihre versilberten Wagen werfen, auch nicht, während ihr mit ihnen sprechet, die Augen auf den großen Smaragd an ihrem Finger heften und die Feinheit und Weichheit ihres Gewandes anstaunen, sondern würdet ihr sie nur für sich allein reich seyn lassen: glaube mir, sie würden von selbst kommen und euch bitten, mit ihnen zu speisen, damit sie euch ihre Polster, ihre Tafeln und Geschirre zeigen könnten, deren Besitz ihnen Nichts nützte, wenn sie keine Zeugen hätten.

30. Ihr würdet finden, daß sie sich ihre Kostbarkeiten meist nur um euretwillen anschaffen, nicht um sie selbst zu genießen, sondern damit ihr sie bewundern möchtet. Dieses sage ich euch zum Troste, der ich die eine wie die andere Lebensart kenne, und fordere euch auf, das Fest mit dem Gedanken zu begehen, daß für Alle in Kurzem die Zeit kommen wird, aus der Welt zu gehen, für Jene, um ihren Reichthum, für euch, um eure Armuth zurückzulassen. Uebrigens werde ich, wie ich versprochen, auch an sie ein Schreiben absenden, und ich bin gewiß, daß sie den Inhalt desselben nicht unberücksichtigt lassen werden.

Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 1685. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_1685.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)