Seite:Lucians Werke 1803.jpg

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Lycinus. Nicht anders.

5. Cyniker. So sage mit also, wir kannst Du unter diesen Umständen mich tadeln, und meine Lebensweise schlecht und elend nennen?

Lycinus. Deßwegen, weil, während die Natur, die Du doch so hoch hältst, und die Götter diese ganze Erde uns zum Eigenthum eingeräumt haben und aus derselben allerlei Gutes in solcher Fülle hervorkommen lassen, daß wir dessen nicht nur zur Nothdurft, sondern auch zum Vergnügen uns bedienen sollen, Du der Einzige seyn willst, der an allem diesem oder wenigstens an dem Meisten eben so wenig Theil nimmt, als ein unvernünftiges Thier. Denn Du trinkst Wasser, wie alle anderen Thiere; Du issest, was Du eben findest, wie die Hunde, und hast auch kein besseres Nachtlager als diese, indem auch Dir, wie ihnen, ein Bündelchen Heu genügt. Das Kleid, das Du trägst, ist eben so schlecht, als der Mantel des ärmsten Bettlers. Wenn Du nun recht daran thust, Dich so kümmerlich zu behelfen, so hat die Gottheit nicht recht gethan, daß sie die Schafe so reichlich mit Wolle versah, daß sie die Weinrebe mit ihrer lieblichen Frucht, den Oehlbaum, die honigbereitenden Bienen, kurz die ganze wundervolle Mannigfaltigkeit von Dingen schuf, damit wir Speisen und Getränke in angenehmer Abwechselung, ein weiches Lager, schöne Wohnungen und Mittel hätten, alle übrigen Einrichtungen zur Lebensbequemlichkeit uns zu verschaffen. Denn auch die Werke der Kunst sind Geschenke der Götter. Ein Leben, das aller dieser Dinge entbehrt, ist ein elendes Leben. Schlimm genug, ihrer von Andern beraubt zu werden, wie Die, welche in den

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Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 1803. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_1803.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)