Seite:Lucians Werke 1810.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

16. Hier hast Du meine Grundsätze; sie sind allerdings ganz und gar verschieden von den Neigungen der Mehrzahl. Und es ist nicht zu verwundern, wenn auch mein Aeußeres in demselben Grade von ihr absticht, als meine Denkungsart der ihrigen unähnlich ist. Aber wundern muß ich mich über Dich, wie Du, während Du es nicht befremdend finden kannst, daß ein Citherspieler, ein Flötenbläser, ein Schauspieler seine eigene Tracht und sein eigenes Benehmen hat, gleichwohl der Meinung bist, ein Weiser dürfe nichts Besonderes in seinem äußeren Aufzuge haben, sondern müsse sich tragen und benehmen, wie die Menschen aus der Menge, die doch zum größten Theile sehr schlechte Menschen sind. Wenn es aber unvermeidlich ist, daß der Weise auch in seiner äußeren Erscheinung etwas Eigenthümliches habe, welcher Aufzug paßt besser für ihn, als ein solcher, der zu abstoßend ist, als daß verdorbene Schwelger ihn nachzumachen Lust bekämen?

17. Und dieß ist, denke ich, mit dem meinigen der Fall, mit meinem schmutzigen, struppigten Aussehen, meinem groben Mantel, meinen ungeschorenen Haaren und bloßen Füßen. Wer könnte dagegen einen Unterschied angeben zwischen euerem Aufzug und dem eines Cinäden? Farbe der Kleidung, Feinheit des Stoffes, Menge der Unterkleider und Umwürfe, Fußbekleidung, Haarputz, Wohlgerüche, Alles ist bei euch wie bei jenen männlichen H.…; denn in der That duftet ihr schon ganz so, zumal die Hochbeglückten unter euch. Was möchte man aber wohl um einen Mann geben, der wie ein Cinäde riecht? Arbeiten und Entbehrungen scheuet ihr nicht minder als sie; den Wollüsten aber seyd ihr eben so

Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 1810. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_1810.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)