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Ludwig Anzengruber: Der Pfarrer von Kirchfeld. Aus: Ludwig Anzengrubers sämtliche Werke. Band 2

hat, enthält ein kleines Dekret für Euer Hochwürden selbst.

Hell. Für mich?! – Sepp, gib dem Manne sogleich die Tasche zurück!

Sepp (die Tasche an sich ziehend). Nein – nein – ewig net!

Schulmeister (zuckt die Achseln). Hochwürden, unter solchen Umständen muß ich jede Verantwortung einer Zustellungsverzögerung von mir weisen und ich halte mich meines Auftrages damit entledigt, daß ich es Euer Hochwürden überlasse, dem Widerspenstigen selbst die Tasche abzufordern. (Geht mit hämischer Verbeugung ab.)

Hell (zu Sepp). Nun, sei nicht kindisch, Sepp, öffne die Tasche und gib mir deren Inhalt!

Sepp (sieht ihn erschreckt an). Ich – ich – sollt dir das – ? Nein, nein! (Will die Tasche den Umstehenden aufdrängen, die sich aber weigernd zurückziehen.) Da – da, nehmts einer, gebts es dem Pfarrer!

Hell (ungeduldig). Sepp ich denke, ich hätte doch etwas Gehorsam um dich verdient, mach ein Ende, gib das Verlangte, ich will’s.

Sepp. Wann du mir so kommst, so muß ich freilich – (Will die Tasche öffnen, kann es aber nicht. Zu den Umstehenden.) Nestelts mir einer die Taschen auf, mir zittern die Händ. (Es geschieht, zu Hell.) O, wenn d’ mich auf die steile Wand stellest und sagest: Stürz dich kopfüber hinunter, wär mir gleich auch so lieb gwesen – aber daß d’ siehst, ich folg dir, (er überreicht ihm das Dekret mit zitternden Händen und abgewandtem Gesicht) da hast!

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Ludwig Anzengruber: Der Pfarrer von Kirchfeld. Aus: Ludwig Anzengrubers sämtliche Werke. Band 2. Wien 1922, Seite 94. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Anzengrubers_s%C3%A4mtliche_Werke_II_094.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)