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Hab und Gut, und setzte zuletzt auch noch sein Haus auf die Karte. Durch ein Trumpfblatt, durch die Roth Sechse gewann der Gegner, und nahm darauf den Namen von Spiel-Haus an, und die glückbringende Karte in sein Wappen. Nach der Hand kam die Familie dieses Besitzers von Tiefenort weg, aber über dem Hause blieb noch das zierlich in Stein gehauene Wappen des Gewinners, und das Gut heißt noch immer das Spiel-Hausische. Auch über dem Edelmanns-Stand hängt der ritterliche Schild mit der Spielkarte, sechs rothe Herzen je zu dreien über einander gestellt, im der Länge nach getheilten Felde von schwarz und Silber. Als Helmzier ragt ein Arm empor, der die Karte hält. Wenn der Pfarrer ein Freund von Karten ist, so kann er sich jedesmal, so oft er predigt, an diesem Bilde erbauen, denn es hängt unmittelbar der Kanzel gegenüber. In derselben Kirche neben der Kanzel steht ein steinernes Denkmal mit dem Bilde des Grafen Adam von Beichlingen, der auf dem Schlosse Krainberg starb. Dieser Umstand hat Ursache zu einer Variante der Roth-Sechsener Sage gegeben. Der Graf Beichlingen selbst soll der leichtsinnige Ritter gewesen sein, und alles verspielt haben, da hätten seine Verwandten unter der Bedingung noch einmal seine sämmtlichen Spiel- und anderen Schulden bezahlt, daß er die Karte in sein Wappen nehme. Diese letztere Sage scheint eine gemachte. Graf Adam von Beichlingen war ein gelehrter Staatsmann, wurde vom Kaiser Maximilian selbst mit dem Schwerte Carls des Großen zum Ritter geschlagen, war kaiserlicher oberster Kammerrichter zu Speier, Marschall der Landgrafschaft Thüringen, und wurde Schwiegersohn Landgraf Wilhelms des Weisen zu Hessen-Cassel. Er mußte

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Erster Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 97. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Erster_Band.pdf/105&oldid=- (Version vom 1.8.2018)