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Tage blieb während des Gottesdienstes, und zwar unter der Frühpredigt, die Werra plötzlich aus, so daß man Fische, Aale, Lachse, Karpfen, Hechte und Forellen mit Händen und in Menge fangen konnte. Die Bevölkerung war über dieses Phänomen sehr verwundert, erschrocken und bestürzt; man konnte nicht anders glauben, als der Fluß müsse sich einen andern Weg gebahnt haben, und sandte nun Boten nach Dankmarshausen, Widdershausen, bis nach Heringen, und niederwärts bis Gerstungen und Salmannshausen. Dort war eben so wenig Wasser anzutreffen, als zu Berka. Aber weiter aufwärts, bei Philippsthal und Vacha, und weiter abwärts, bei Herleshausen, ward die Werra im vollen Laufe befunden. „Wie das zugegangen“ sagt der alte Chronist, der diese Nachricht handschriftlich hinterließ: „ist Gott bekannt.“ –

64.
Die drei Auflagen.

Im Thale der Werra liegen zur Rechten des Ufers noch heute die umfangreichen Trümmer des vormals sehr stattlichen Schlosses Brandenburg, welche Burg der Wohnsitz eines in dieser Gegend reich begüterten alten Thüringischen Grafengeschlechtes war. Die Grafen hatten das Recht, den Fleischern in Gerstungen ihre Taxe festzustellen, auch durften diese nicht früher von dem Schlachtvieh etwas verkaufen, bis der Fleischbote von der Brandenburg mit seinem Esel und der Taxe kam, und die besten Stücken vorweg holte. Dieser Fleischbote hieß Limpert

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Erster Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 101. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Erster_Band.pdf/109&oldid=- (Version vom 1.8.2018)