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oft und viel in der schönen Gegend umher nach schönen und minniglichen Frauen, und fand deren auch, zumal gar nicht weit von Treffurt Eisenach, und nicht weit von Eisenach Frau Venusberg gelegen. Da er nun eines Abends wein- und minneselig heimwärts gen Treffurt ritt, nickte er ein, und sein Roß trug ihn nicht auf gerader Straße weiter, sondern trabte mit ihm zur Höhe des Hellersteins empor, bis an den jähen Abgrund des Felsenvorsprunges. Zu spät erwachte der Ritter, schon setzte das Roß hinab, da empfahl sich Ritter Hermann in den Schutz der göttlichen Jungfrau und rief: Hilf heilige Maria! Hilf Deinem Knechte! und da war ihm, als hielte ihn ein Arm, und hebe ihn sanft empor, im Augenblicke, als das Roß zerschmettert zu Boden stürzte. Darauf ist der Ritter ein Mönch geworden, hat seines vorher sündigen Lebens sich völlig abgethan, und hat nie wieder ein Roß bestiegen.

70.
Wichtlein im untern Werrathale.

In dem ganzen Thalgebiete der Werra, da wo die Hörsel in dieselbe einmündet, kommt die mythische Trias, der Hulda, der Wichtlein und der wilden Jagd abermals zu mannichfaltiger sagenhafter Erscheinung. Schon in Mitten der Wegstrecke zwischen Tiefenort und Berka an der Werra liegen die Hulden-Berge. In den sogenannten Göhringer Steinen läßt die örtliche Sage eine Hulda als Wasserfeine in einer Krystallgrotte wohnen, und mit Wichtlein bevölkert sie das Werrathal

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Erster Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 110. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Erster_Band.pdf/118&oldid=- (Version vom 1.8.2018)