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schon von Gerstungen an, über Berka herab, dann über Sallmannshausen und Hörschel bis Spichra. Der wilde Jäger heißt in dieser Gegend nicht Wode, obschon der Namensklang des nicht allzufern im Hörselthale liegenden Dorfes Wutha, das 1170 noch Wutensberc hieß, lebhaft an ihn erinnert, sondern er heißt Elbel, ein so rein mythischer Name, daß er keiner erklärenden Deutung bedarf. Nur der anderorts hervortretende Zug, daß der wilde Jäger die Wichtlein jagt und verfolgt, scheint in dieser Gegend zu fehlen, kann aber auch unversehens noch aufgefunden werden. In Gerstungen im Schlosse ist ein schöner Pferdestall, allein es hält darinnen kein Pferd aus, sie werden wüthend, schlagen aus, schäumen, bäumen sich, zerreißen Ketten und Halftern. Es wohnen Wichteln unterm Stalle, das ist die Ursache, denn zwischen Pferden und diesen Geistern besteht Feindschaft. Reitet doch der Wode, der die Wichtelmännlein und Wichtelweiblein jagt und ist doch Rache der Grundzug im Charakter der ganzen dämonischen Welt. Einem Bauer im obenerwähnten Dorfe Dankmarshausen fiel ein Pferd nach dem andern, und dem Manne drohte die Gefahr, an den Bettelstab zu gelangen. Als er eines Abends über die Hausflur ging, hörte er ein Flüstern unter einer umgestülpten Wanne. Als er darunter sah, gewahrte er vier Wichtlein, welche aus einem in der Flur stehenden Backtroge Teig genommen hatten, und Brot daraus kneteten. Knete zu, knete zu! sprach einer zum andern, und der Bauer sah verwundert zu und schwieg. Ein anderer hätte vielleicht gescholten. Weißt Du auch, Mann, warum Deine Pferde fallen? fragte das älteste Wichtelmännchen. Ich will Dir’s sagen, daß Du es weißt. Weil wir unter dem Stalle wohnen, und weil

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Erster Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 111. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Erster_Band.pdf/119&oldid=- (Version vom 1.8.2018)