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Munde verkündete. So wurde denn die mythische Hörseelberghöhle erforscht und beschrieben, wie folgt: „Dieses Loch ist im Eingange viereckigt, und etwa drei, höchstens 31/4 Schuh hoch durch die Steine von etwa 4 Lachtern Länge, und etwa 31/2 in die Quere mit besonderer Mühe und Fleiß ausgearbeitet, da dann eine runde Oeffnung durch den Felsen, so kriechend passiret werden muß, etwa 2 Lachter lang folget. Wenn diese zu Ende, so kommt man in eine Höhle, in welcher man gerade auf stehen und gehen, auch sich in solcher niedersetzen kann, weil ein Bänkchen in dem Felsen ausgehauen ist. Diese Höhle ist über Mannshoch und können sich füglich 16 auch wol 18 Personen darinnen aufhalten. Hierauf muß man wieder in eine Enge von 3 Lachter lang, so mehreren Zwang und Zurücklassung des Rockes erfordert, da man abermal in eine kleinere Höhle kommt, so nur 6 oder höchstens 8 Personen in sich fassen kann. Nun gehet eine ovale Oeffnung fort, so noch viel enger als die vorige, mithin mit größerer Mühe und Drängen zu durchkriechen ist, von etwa 3 Lachter lang, so aber nicht zu passiren ist, und endet sich in dem Felsen in einen kleinen Spalt, da dann auch zugleich die gemeine Rede und Fabel, ob sollte die Oeffnung und der Gang bis unter die Kirche zu Sättelstedt gehen, ihre Endschaft erreichet, und ist alle Oeffnung und dazwischen seiende Hohlung zusammengenommen, etwa 17 Lachter lang. Die gemeinen Leute sagen, daß ein beständiges Summen und Sausen in diesem Loche sei. Allein dieses rühret theils von denen darauf stoßenden Winden her, theils auch hauptsächlich von denen kleinen Mücken und Fliegen, welche durch ihre beständige Bewegung und Flug dieses erwecken, indem solche in erstaunlicher Menge

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Erster Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 131. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Erster_Band.pdf/139&oldid=- (Version vom 1.8.2018)