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erwachsen, da hatte der Bauer einen Wald, so lang und so breit, wie sein Acker, und folglich Schatzes genug.

Andere erzählen diese Sage wieder auf eine andere Art. Der Bauer habe die Zinslein, die er aus seinem Acker traf, sehr heftig gescholten und gedroht, ihnen die Ruthe zu geben, wie kleinen Kindern. Darauf haben die Zwerglein spöttisch ihm den ganzen Acker voll Ruthen gesteckt, damit er an solchen keinen Mangel habe, und seien alsbald verschwunden. Dadurch noch mehr aufgebracht, lauerte der Bauer den Zinslein auf, und erhaschte eines Tages ein solches Zwergen-Mützchen, bekam das Zinslein, dem das Mützchen gehörte, dadurch in seine Gewalt, achtete nicht seines Flehens, sondern erschlug es. Darauf erhoben alle Zinslein ein großes Wehklagen, und verließen die Gegend für immer, aus den Ruthen erwuchsen aber in derselben Nacht starke Bäume, und zwar lauter Eschen, und das ist ein bedeutsamer Zug dieser Sage, denn erstens zeigt die Esche wie die Erbse, nach der Pflanzensymbolik Trauer an, und zweitens ist sie ein Baum, der den Göttern der Nordlandsmythe heilig war. Aus einer Esche, Ask, entstand nach der Eddamythe der erste Erschaffene, Askr; Aseiburg war der Name einer früheren Stadt am Niederrhein, und Asci-Feld wurde Eisfeld vor Alters ebenfalls geschrieben. Der Weltbaum Ygdrasil selbst war eine Esche. Der altgermanische Mythus aber überliefert uns noch verschiedene Heldennamen: Mannus, Tuisko’s Sohn, und dessen drei Söhne: Ing, Isk und Hermin. In Isk begegnen wir wol dem Ask wieder, und in Hermin dem Irmin, dessen Name ebenfalls in dieser Gegend bis auf den heutigen Tag örtlichen Nachhall fand und findet.

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Erster Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 7. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Erster_Band.pdf/15&oldid=- (Version vom 1.8.2018)