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87.
Der eiserne Landgraf.

Graf Ludwig II., der Erbauer der Wartburg, hinterließ einen Sohn des gleichen Namens, welcher Tochtermann Herzog Lothars des Sachsen ward, bevor Lothar Kaiser wurde. Da nun Lothar Kaiser geworden war, erhob derselbe seinen Eidam mit Zustimmung der Fürsten des Reiches in den Fürstenstand, und gab ihm den Namen und Rang eines Landgrafen zu Thüringen und Herren zu Hessen, und ordnete ihm 12 Grafen zu seinen Hoferbämtern. Des ersten Landgrafen Ludwigs Sohn, wiederum Ludwig geheißen, verlor seinen Vater früh, und artete sich in seiner Jugend gütig und verträglich und weichen Sinnes, wodurch es geschah, daß die Edeln seines Landes seiner wenig achteten und die Unedeln ihn nicht fürchteten. Daraus entstanden ihm muthwillige Leute aus seinen Mannen und es verdarben die gehorsamen Bürger und Einwohner seines Landes. Die Vornehmen hielten ihn für einen Thoren und die Bürger und Bauern verwünschten ihn, denn sie wurden bedrückt von den Vornehmen und durften ihrem Herrn ihre Noth nicht klagen, und es wurden ihnen unerträgliche Lasten aufgebürdet. Nun geschah es zu einer Zeit, daß der Landgraf in einem Walde zur Kurzweil jagte, wie er gern that, und sich um andere Sachen wenig bekümmerte. Da überfiel ihn die Nacht im Walde, und kam in die Ruhla, und erbat Herberge bei einem Waldschmiede; der fragte ihn, wer er wäre, da antwortete er, ich bin ein Jäger Landgraf Ludwigs. – Pfi! Pfi, des Konczenherrn (weibischen Mannes)! rief der Waldschmied: Wer seinen Namen nennt, der sollte allwege seinen Mund danach ausspühlen! Und schalt

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Erster Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 145. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Erster_Band.pdf/153&oldid=- (Version vom 1.8.2018)