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Hand, welches reich verziert ist und in drei flatternde Streifen endigt.

90.
Der Singerkrieg auf Wartburg.

Ludwig der milde war auf der Heimkehr von seiner Heeresfahrt nach dem heiligen Lande und kinderlos gestorben, daher fiel das Thüringerland, da der zweite Sohn Ludwigs des eisernen, Heinrich Raspe III. auch schon tod war, an Landgraf Hermann, welcher in zweiter glücklicher Ehe mit Sophie von Wittelsbach vermählt war. Damals stand in Deutschen Landen die edle Kunst des Minnesanges in hohem Flor, wurde selbst geübt von vielen Fürsten und Edlen, und das thüringische Herrscherpaar weihte ihm vollen Antheil und große Gunst, für welche Huld, die sie erfuhren, die Sänger dem Landgrafen und der Landgräfin hinwiederum sehr dankbar waren. Nun waren zu Anfange des dreizehnten Jahrhunderts sechs Minnesänger zugleich am Thüringer Landgrafenhofe auf Schloß Wartburg versammelt. Diese gehörten theils an diesen Hof als Dienstmannen des Landgrafen, theils waren sie Gäste. Die Dienerschaft war außerordentlich zahlreich; den Hofstaat der Landgrafin Sophie allein bildeten nicht weniger als 40 Frauen, darunter 8 Gräfinnen, der Gäste waren häufig so viele, daß die Wartburg deren Zahl nicht ganz fassen konnte, so groß und raumreich dieselbe auch war; die Ueberzahl mußte daher in Eisenach wohnen. Es war allda viel Glanz und Reichthum entfaltet, es strömte auf der Burg ab und zu, und so freigebig war Landgraf

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Erster Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 152. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Erster_Band.pdf/160&oldid=- (Version vom 1.8.2018)