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weilte, ward von ihm höchlich wohl empfangen, mit der Zusage, daß Klinsor selbst mit ihm gen Thüringen sich erheben wolle, und solle nur zuvor erst einige Zeit bei dem Meister verweilen, und so verging fast schnell ein ganzes Jahr, und endlich fürchtete Heinrich von Ofterdingen, er werde nimmer wieder nach Thüringen zurückkehren können. Als aber die Nacht vor dem Tage kam, an welchem Ofterdingen hätte wieder auf Wartburg sein sollen, berief Meister Klinsor seine Geister, und ließ sich mit Heinrich auf einem Zaubermantel durch die Lüfte gen Eisenach tragen. Das that er aber erst, als Heinrich von Ofterdingen eingeschlafen war.

91.
Klinsors Zauber und Prophezeihung.

Heinrich von Ofterdingen war in Siebenbürgen schlafen gegangen, und als er erwachte, hörte er den Thürmer den Tag anblasen, und den Schall einer bekannten Glocke an sein Ohr dröhnen. Er sprach: Ist mir doch, als wäre ich zu Eisenach, und höre die Glocke von Sankt Jürgen. Darauf sprach Klinsor: Besinne Dich, Dir träumet wol. – Aber als der Sänger sich erhob und aus dem Fenster blickte, da rief er freudig: Bei Gott, wir sind zu Eisenach. Das ist Heinrichs, des Hellegrafen Hof, linker Hand vorm Sankt Georgenthor! – Bald kam die Kunde hinauf zur Burg, daß Ofterdingen wieder gekehrt sei, und den großen Meister Klinsor mitgebracht habe. Da schritten die Sänger alle herab, die beiden zu

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Erster Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 155. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Erster_Band.pdf/163&oldid=- (Version vom 1.8.2018)