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stattlichem Geleite mit Prinzessin Elisabeth von dannen, und reich beschenkt mit Rossen, Waffen, Prunkgewändern und Kleinodien. Nur allein den Wagen zu ziehen, der das Heirathgut und die Ausstattung der kleinen Braut aus Ungarn trug, bedurfte es neun starker Rosse. Als nun die Gesandtschaft nach Thüringen und gen Eisenach zurückkehrte, wurde sie und ihr bestes Kleinod, das sie mit sich führte, die junge Königstochter, gar hoch empfangen. Da es schon Abend war, wurde im Hellegrafen-Hofe eingekehrt, aber der Landgraf und die Landgräfin kamen noch von der Wartburg herab, und letztere gewann alsbald das Kind so lieb, daß auch sie die Nacht über in Eisenach blieb, und am nächsten Morgen sie im festlichen Zuge und Geleite selbst hinauf auf die Burg brachte. Da ward gleichsam vorbedeutend ein stattliches Hochzeitmahl ausgerichtet, und theils im Scherze, theils symbolisch Elisabeth dem jungen Herrlein in Kindesweise als Gemahel zugesellt.

93.
Die Jugend Elisabeths von Ungarn.

Selten ward ein Menschenleben so von Poesie und Sage verklärt, wie das der jungen ungarischen Prinzessin Elisabeth, obschon ihr Leben mehr ein leidendes als ein handelndes war, und vielleicht gerade deshalb. Das menschliche Mitgefühl, die innige Theilnahme, die wehmuthvolle Rührung nehmen die Herzen gefangen, und die unverschuldeten Leiden einer tugendreichen Dulderin stehen über dem Heldenthume des Kriegers. Aus dem Kranze Elisabeths,

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Erster Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 160. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Erster_Band.pdf/168&oldid=- (Version vom 1.8.2018)