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Boden auf dem Attenberge einen Bergfrieden angelegt hatte. Der Landgraf Ludwig kam nach Reinhardsbrunn, übernachtete an einem Sonnabend dort mit seinen Wappnern, und gebot am Sonntage früh dem Abt und Convent, nicht eher Amt und Messe zu halten, bis er zurück sei. In aller Stille überraschte er die Bemannung jener Befestigung sammt ihrem Gebieter, führte sie gen Reinhardsbrunn, ließ sie mit Stricken um den Hälsen dem nun beginnenden Hochamte beiwohnen, und den Vorsängern eine Psalmstelle parodirend intoniren, und das Chor responsiren, während die Sänger in Procession durch die Kirche schritten. Darauf mußte der von Salza Urphede[WS 1] schwören, dann ward ein frohes Siegesmahl gehalten, dessen Kosten der Landgraf jedoch keinesweges vom Kloster bestritten wünschte, da aber der Kammermeister doch der Weigerung des Abtes, Zahlung für die Bewirthung anzunehmen, Folge leistete, so mußte der erstere selbst aus eigener Tasche die Kosten bestreiten.

Ein fränkischer Ritter hatte dem Kloster Reinhardsbrunn einen mit Wein befrachteten Wagen unterwegs abgenommen, und nichts konnte den guten Vätern und Brüdern störender sein, daher sie in solcher Trangsal, die ihnen den Trank vorenthielt, Hülfe bei ihrem Herrn, dem Landgrafen suchten. Da eilte dieser mit einer Schaar Gewappneter alsbald nach Franken, umstellte des Schnapphahns Schloß, drohte ihn auszuhungern, und zog nicht ab, bis jener Ritter im Büßerhemde, Strick um den Hals und ein bloßes Schwert gegen seine Brust gezückt in der Hand haltend, in seinem geöffneten Burgthore erschien, Reue und Leid klagte, und ein Fuder guten Frankenweines, Saalecker oder Neuburger etwa, welche Sorten in jener

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  1. Vorlage: Urphde
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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Erster Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 166. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Erster_Band.pdf/174&oldid=- (Version vom 1.8.2018)