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Zeit als die besten erachtet wurden, nebst einem Wagen mit 6 Pferden bespannt, gen Reinhardsbrunn sandte.

So wurde in ähnlicher Weise auch einem Krämer sein Esel und Kram wieder, den ebenfalls ein fränkischer Wegelagerer und Schnapphahn ihm in der Nähe von Würzburg abgedrungen. Der Mann kam klagend zu dem Landgrafen, dieser machte die Sache seines Hörigen zu seiner eigenen, und den Esel zu dem seinigen, und suchte ihn, und ruhte nicht, bis dem Manne wieder zu seinem Rechte, seinem Krame und seinem Esel geholfen war.

Welche Mannlichkeit dem Landgrafen innewohnte, zeigt die Sage von dem Löwen, der auf der Wartburg in einem Käfig gehalten ward, und den ihm sein Schwager, der Gemahl seiner Schwester Agnes, Herzog Heinrich von Oesterreich, geschenkt hatte. Der Landgraf ging in der Morgenfrühe, aller Waffen bar und nur von einem leichten Mantel umhüllt, in den Burghof herab, siehe da trat ihm der Löwe frank und frei entgegen, da der Pförtner versehen hatte, dessen Käfigpförtlein richtig zu verschließen, und fletschte ihn an, und brüllte ganz ungethümlich, schlug mit dem Schweife stark um sich, und mochte etwa einen Sprung auf den Herrn versuchen wollen. Aber Landgraf Ludwig blickte aus festem Auge den Leuen unerschrocken an und streckte seinen Arm gegen ihn und bedreuete ihn mit starker Stimme, da besann sich dieser eines andern und legte sich nieder, wie er zu thun gewohnt war vor seinem Wärter. Der Thürmer auf der Warte sah voll Schreck, was sich drunten im Hofe begab und stieß ins Lärmhorn und schrie das Gesinde zusammen, und mit diesem stürzte entsetzt der Wärter herbei, der brachte den Löwen auf gute Weise in den Käfig zurück. Deß zum

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Erster Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 167. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Erster_Band.pdf/175&oldid=- (Version vom 1.8.2018)