Seite:Ludwig Bechstein - Thüringer Sagenbuch - Erster Band.pdf/191

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

mit harter Entsagung, mit asketischem Heldenmuthe. Sie trat mit den ihr stets treu gebliebenen vormaligen Hofjungfrauen Jutta und Eisentrud als Tertianerin in den Orden des heiligen Franziskus, und trug fortan das Gewand der grauen Schwestern, sie entsagte öffentlich in der Minoritenkirche zu Eisenach der Welt und all ihrer Freundschaft. Sie bezog in der Nähe von Marburg eine armselige Bauernhütte, bis ein kleines Häuschen von Holz und Lehm in Marburg für sie erbaut war. Nun gründete sie von ihrer Mitgift ein Armenhaus und Krankenhospital, besuchte und pflegte die Kranken, und übte alle Werke der Barmherzigkeit, indem sie Kranke pflegte, Nothleidende unterstützte, Gefangene tröstete, Gestorbene bestattete. Unablässig spann sie Wolle für die Armen und vertheilte Almosen, begnügte sich dabei selbst mit Armenkost, und ging in Kleidern einher, die kaum besser waren, als die der Aermsten, und oft geflickt und bestickt mit allerlei Lappen.

Indem Elisabeth sich mühte durch Entbehrungen, Demüthigungen und Kasteiungen sich immer würdiger des Himmels und der künftigen Seligkeit zu machen, ertrug sie mit himmlischer Geduld alle Qualen und Peinigungen, welche Konrad von Marburg ihr auferlegte, ja selbst die persönlichen, körperlichen Mißhandlungen, die er sich in seinem geistlichen Hochmuthe gegen sie erlaubte. Er durfte sich erfrechen, sie zu schlagen. Sie ertrug es, aus freiem Willen, um Gottes Willen, widerstand allen Aufforderungen, ihre asketische Lebensweise zu ändern, in ihre Heimath nach Ungarn zurückzukehren, ein anderes Leben zu führen. Sie hatte das Elend liebgewonnen, und fand ihre Wonne in Schmerzen.

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Erster Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 183. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Erster_Band.pdf/191&oldid=- (Version vom 1.8.2018)