Seite:Ludwig Bechstein - Thüringer Sagenbuch - Erster Band.pdf/200

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

und nahm ihn selbst gefangen. Zu derselben Zeit befand sich Markgraf Heinrich der Erlauchte auf der Wartburg, ließ in einer dunkeln Sturmnacht deren Thor öffnen, und zog mit einer Schaar tapfrer Mannen, welche zum Theil Sturmleitern und Pechkränze trugen, nicht in der geraden Richtung, sondern in der gegen das einsame Ziegenthal herab, klommen dann bei den Felsen, welche Mönch und Nonne genannt werden an der Rückseite des Berges, darauf der Metilstein thronte, empor, und erstiegen die gar nicht bewachte Rückmauer, nahmen die Besatzung gefangen, und stießen die Burg mit Feuer an. Wie nun die Flammen des brennenden Metilstein schrecklich durch die wilde Mitternacht leuchteten, stießen die Thürmer zu Eisenach in ihre Hörner und lärmten die Bürgerschaft auf – die wollten ihrer Besatzung zu Hülfe kommen, und öffneten das Predigerthor – unterdessen war der Markgraf mit seiner Schaar schon seitwärts herunter, und kam an die Stadtmauer, in deren Nähe das Barfüßerkloster gelegen war, dort hatte er heimlichen Anhang unter den Bürgern, welche des Kriegs und der Fehde schon herzlich müde waren, und die sprachen: Steiget herein in Gottes Namen, wie lange sollen wir dies Ungemach ertragen! – So gewann der Markgraf die Stadt Eisenach, nahm den ganzen Rath gefangen, und verfuhr mit nichten sänftiglich, denn er achtete die Bürger gleich Empörern. Am andern Tage zog er wieder zur Wartburg hinan, nachdem er einigen Herren des Rathes hatte die Köpfe vor die Füße legen lassen, das Oberhaupt aber, und der am treuesten an Sophia hing, den führte er auf die Burg. Droben stand eine Blide oder Steinschleuder, mit der von Zeit zu Zeit ein Felsbrocken hinab nach

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Erster Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 192. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Erster_Band.pdf/200&oldid=- (Version vom 1.8.2018)