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baldigst werben. Und noch desselben Abends spät führte ihn die böse Kunne von Eisenberg durch die Frauengemächer in das Gemach, darin die Herrin ganz allein schlief, befahl ihm alles wohl zu richten, und ging dann ihren Weg dahin, wo sie mit Zärtlichkeit erwartet wurde. Der Eselknecht aber fiel am Bette der Herrin auf seine Kniee nieder und weckte sie auf, und sie fragte erwachend: Wer ist da? Da nannte sich der Knecht, und flehte sie an, seines Lebens zu schonen und zu genaden. Sie aber sprach: Was thust Du? Du bist trunken oder unsinnig. Schweigt Herrin und verrathet mich nicht, erwiederte er: rathet vielmehr Euch und mir. Ich habe Befehl, Euch zu ermorden – das kann und will ich aber nimmermehr. Ersinnet Rath, daß wir Beide das Leben retten und behalten! – Gehe hinweg! sprach Margarethe erschrocken, und berufe mir eilend und heimlich den Schenken, Rudolf von Vargila – mit dem will ich mich berathen, was ich beginnen soll. Ehe der Schenke kam, hatte sich Margarethe vom Lager erhoben und ihre Jungfrauen geweckt, die in einem Nebenzimmer schliefen; Rudolph von Vargila, der Haushofmeister, rief seine Hausfrau wach, und in aller Stille versammelten sich diese Getreuen im Zimmer der Herrin, um rasch zu berathen, was in so verhängnißvoller Lage zu thun sei. Schleunige Flucht erschien allen das am meisten anzurathende zu sein, und Margaretha war dazu entschlossen. Sie hieß ihre Jungfrauen alles vorbereiten, indessen sie sich nach dem Schlafzimmer ihrer Söhne begab. Sie hatte deren drei: Heinrich, schon 16 Jahre zählend, Friedrich, nur ein Jahr jünger und Diezmann, zehn Jahre alt. Und sie setzte sich an ihrer Söhne Bette und beweinte ihr Unglück mit heißen Zähren unter großen

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Erster Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 196. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Erster_Band.pdf/204&oldid=- (Version vom 1.8.2018)