Seite:Ludwig Bechstein - Thüringer Sagenbuch - Erster Band.pdf/208

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

voll Zuversicht und freudigen Muthes, daher er auch den Beinamen der freudige erlangte. Markgraf Albrecht aber verkaufte endlich Thüringen für zwölftausend Mark Silbers an den Kaiser Adolf von Nassau, der führte viel schwäbisches und anderes Fremdvolk in das Land, das darin verheerend hauste, aber auch zu Zeiten seinen Lohn dafür bekam. Und als Albrechts Frau Kunne sammt ihrem Sohne Apiz gestorben war, that er seinen Söhnen den Tort an, und heirathete die Wittwe eines Grafen von Arnshaugk, und führte sie auf Schloß Wartburg. Diese hatte eine einzige Tochter, des Namens Elisabeth, ein holdseliges Fräulein, die blieb auf Burg Arnshaugk zurück; diese sah Friedrich der freudige, entbrannte in Minne gegen sie, entführte und heirathete sie; so wurde er nun der Schwiegersohn seiner Stiefmutter, und wenn man will, seines Vaters. Friedrich war stets des von seiner rechten Mutter empfangenen Wangenbisses eingedenk, und ließ nicht ab, seinen Vater zu befehden, wodurch Städte und Dörfer in großen Schaden und Abgang geriethen, absonderlich Eisenach. Endlich gewann Friedrich sogar die Wartburg in einer Nacht durch Ueberrumpelung und fast ohne Schwertschlag, nachdem er sich am Tage über in der schattigen Schlucht mit seinen Mannen verborgen gehalten hatte, die noch das Landgrafenloch heißt, und nahm seinen Vater gefangen, mit dem er dann unterhandelte und der nach Erfurt zog; seine Frau Stief- und Schwiegermutter behielt Friedrich in allen Ehren auf der Wartburg, wohin er auch seine eigene Gemahlin nachkommen ließ. Diese neue Freudigkeit aber, welche die glückliche Ueberrumpelung der Wartburg Friedrich dem freudigen geschaffen, war nicht von langem Bestande.

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Erster Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 200. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Erster_Band.pdf/208&oldid=- (Version vom 1.8.2018)