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Gebein durchschütternden Worten ausbrachen, das Haar sich rauften, die Brüste zerschlugen, dem Tage ihrer Geburt und ihren Erzeugern fluchten und unter einem hochtragischen Klagechore in das geöffnete Thor der Hölle von den Teufeln gestoßen wurden. Das fiel dem Landgrafen centnerschwer aufs Herz – sein frommer Glaube an Christi Versöhnungstod und an die Fürbitte Mariä wurde in den tiefsten Tiefen seines Gemüthes erschüttert, und sein Zorn über die zur Schau gelegte gnadenlose Härte, dem er Worte gab, und die Aufregung darüber ergriffen ihn so heftig, daß ihn der Schlag rührte und ihm die Sprache lähmte. Zwar starb er nicht alsbald, aber die freudige Kraft war gebrochen, sein Geist blieb umdüstert, und zwei und ein halbes Jahr nach der Aufführung jenes traurigen Spieles erlag Friedrich mit der gebissenen Wange seinen Leiden.

108.
Die Seele in der Helle.

Friedrich der freudige war siebenundsechzig Jahre alt geworden, als er das zeitliche segnete, und im St. Katharinenkloster begraben wurde. Er hinterließ nur einen Sohn, auch Friedrich geheißen, den die Geschichte später den ernsthaften nannte, und jene Tochter Elisabeth, die der Vater in der Nacht von der Wartburg gen Schloß Tenneberg brachte, und die sich hernachmals mit dem Enkel Sophia’s von Brabant, dem Urenkel der heiligen Elisabeth, Heinrich II. von Hessen vermählte. Noch stand der alte Glaube unerschüttert, und die Lehre vom Fegefeuer, von

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Erster Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 205. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Erster_Band.pdf/213&oldid=- (Version vom 1.8.2018)