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St. Georg, wie in Eisenach Schutzpatron war, fehlt es der Umgegend nicht an einem Drachenstein, Drachenfels oder Drachenberge.

Am Brodrain bei der Moosbach sieht man zu Zeiten ein großes brennendes Faß von der Bergspitze bis herab auf den Steg kollern. Offenbar auch ein sagenhafter Nachhall (wie das Eisenacher Sommergewinnen) der Erinnerung an das Julrad der altheidnischen Vorfahren. Auf der erwähnten „kalten Staude“ erscheinen gespenstige Rehe und dergleichen Hunde mit spitzen Köpfen, feurigen Zungen und schlanken Beinen. Von einer Felsenquelle am Hanstein (Hainstein) über Moosbach geht die stets wiederkehrende Wasserjungfrauensage.

114.
Spukende Thiere.

Sagen von spukenden Thieren, wie die feurige Kuh in der Moosbacher Hölle, sind in Thüringen nicht selten, vielleicht aber nirgend häufiger auftretend, als in der Ruhl, d. h. in dem Stadtflecken Ruhla nach neuer Schreibweise. In Ruhla durchwandelt zunächst der Bier-Esel bei nächtlicher Weile die Gassen, und hockelt sich den Männern auf, die spät Nachts vom Biere heim gehen. Einige nennen ihn auch den „wilden Esel.“ Bisweilen wälzt er sich und schreit, wie Esel zu thun pflegen. Am Kirchberge, darauf ehedem eine alte Kirche stand, sah einst ein Schleifmüller eine schneeweiße Gans vor sich her watscheln.

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Erster Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 216. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Erster_Band.pdf/224&oldid=- (Version vom 1.8.2018)