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Er gedachte dieselbe zu fangen, und glaubte, sie sei aus dem Orte in den Wald gerathen – aber wie er auch nach ihr fing, stets entging oder entflog sie seinen Händen – bis sie ihn so weit gelockt hatte, daß er sich plötzlich auf dem Hausfelde sah, einem verrufenen Spukorte.

Am Berner, einem großen Waldberge, sah in der Nähe eines verfallenen Stollens ein Mann drei Spitzhunde aus dem Grubenloche herausfahren, dann kamen drei Pudel, dann drei Dachshunde, die jagten einander im Kreise rund herum, und verschwanden dann. Drei mal ist diese Erscheinung von jenem Manne erblickt worden, und jedesmal in der Mittagsstunde. Ein anderer Mann hat auf dem Kreuzwege auf dem Ringberge, des Berners nächstem Nachbar, drei Hunde ohne Jäger jagen sehen, auch ist dort ein Schwarm von Nebelgestalten und ein Leichenzug zum öftern erblickt worden. Sagenhafter Nachhall vom Todtenheere des Wode. Ueber dem Dörfchen Thale, ohnweit Ruhla, liegt am Schloßberg ein „Holde-Stein.“ Auf dem Berner, auch auf dem Mühlrain fährt oft das wüthende Heer mit allen seinen Hunden und Ungethümen überhin, wenn es aus dem Hörseelenberg und über den hohen sagenreichen Wartberg (nicht mit Wartburg zu verwechseln) gezogen kommt. Am Ringberge ist ein Fels, der Reinzers oder Ringbergstein, darauf sitzt der wilde Jäger auf dem Anstande, wie auf dem Elbelsteine bei Mila der gespenstige Hölzerkopf. Er trägt die Tracht der Zeit des dreißigjährigen Krieges.

Am Gallert-Raine wird manchesmal bei Nacht eine Gluckhenne mit ihren Küchlein um eine Schüssel gesehen, aus der sie gackernd und piepend Körner fressen.

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Erster Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 217. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Erster_Band.pdf/225&oldid=- (Version vom 1.8.2018)