Seite:Ludwig Bechstein - Thüringer Sagenbuch - Erster Band.pdf/234

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

4 Uhr, in der Tiefe läuten gehört. Auch hat man dort sogenannte „Sonnenpfennige“ gefunden. Ein Wildwächter hörte in der Klosterhecke in einer sternenhellen Nacht einen fürchterlichen Sturm brausen, und sah, wie mehrere Bäume krachend zusammenbrachen. Als er aus Neugierde mit andern, denen er das Wahrgenommene erzählt hatte, am andern Tage an jene Waldstelle kam, standen die Bäume da, wie zuvor. Kein einziger war umgebrochen.

Unter der Oelmühle im Grunde standen früher 2 Schleifmühlen, welche den Mönchen im Kloster Weissenborn gehörten, die Stätte der einen wird noch „der Mönch“ genannt. Wenn die Schleifmüller Feierabend gemacht hatten, begannen die Mönche ihr Wesen, und man hört noch immer zu Zeiten des Nachts die schrillenden Töne geschliffen werdender Eisenwerkzeuge, obschon die Mühlen längst nicht mehr vorhanden sind. Auch von einem „Mönchssteine“ wiederholt sich hier die Sage ganz wie bei Manebach und Veßra (S. S. 25.) Jenes Feld, wo der Mönch, der den Stein trug, um seinem Kloster Land zu gewinnen, tod niedersank, heißt noch das Mönchsfeld, und es spukt sehr auf selbigem.

Auf der „alten Ruhl“ wird zu Zeiten in einer Höhlung eine silberne Kanne erblickt, und bisweilen, selbst mitten im Schnee, hellbrennendes Feuer. Am Johannistage hört man dort ein Glöckchen läuten, wie zum Abendgebet und Ave Maria.

In der Nähe der Ruhl liegt ein Felsen, heißt der „Tolljungfernstein“, über dem Forsthaus nahe dem Goldbrunnen. In diesen Fels ist eine Jungfer verwünscht, die läßt sich zuweilen sehen, trägt einen Schlüsselbund und blickt sehr traurig. Sie hat ein schloßschleierweißes Gewand

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Erster Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 226. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Erster_Band.pdf/234&oldid=- (Version vom 1.8.2018)