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auf ihm hatte der Teufel eine Kanzel, und rumorte viel im Walde umher; aber auch beim Brunnen zum heiligen Kreuz und bei dem Weiher waren Hexen-Tanzplätze, wohin sie ihre Mantelfahrten richteten, und allwo sie ihre Sabbathe feierten.

Auch mit bösen Juden war Coburg vor Alters übel gesegnet. Einem solchen schuldete ein Christenweib eine ziemliche Summe Geldes, und konnte die Summe nicht aufbringen zur Wiedererstattung. Da sprach der Hebräer, er wolle ihr die Schuld erlassen, so sie ihm doch geben wolle etwas von ihrer Milch, da sie gerade ein Kind stillete. Die Frau versprach das zu thun, dachte aber in ihrem Sinn: Warte Jude, Du sollst haben eine Muttermilch, wie sie Dir gehört. Und so bekam der Jude ein Glas voll Milch. Damit ging derselbe mit noch einem Gefährten Abends nach dem Galgen, hieß jenen die Leiter hinauf steigen, die Milch in die Hirnschale eines Gehenkten gießen, und wohl darinnen umschütteln. Als dieses nun geschehen war, rief der Jude: Schmuel, was sichstde? – Gor nix! antwortete der Gefährte. Darauf wiederholte drunten der Jude seine Frage, und der Gefährte droben auf dem Galgen seine Antwort. Und zum drittenmale fragte jener. Da sprach der droben: Als ich doch seh’ eine mächtig große Heerde Schwein’. – Waihe mir! schrie drunten der Jude. So hat mir gegieben das verdammte Weib die Milch von einer Schweinemutter, und nun wird kommen ein Sterb unter die Schwein, und nicht unter die Gojim! – Wie nun das Wort in Erfüllung ging, merkte jene Frau den Frevel, zeigte den Juden an, der wurde alsbald an jenen Galgen gehenkt, dann verbrannt, und von allen übrigen Juden wurde alsbald die Stadt

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Erster Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Erster_Band.pdf/24&oldid=- (Version vom 1.8.2018)