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aber auch seine beiden Söhne mit, denn er mochte sich etwa nicht recht trauen, mit dem Fremden allein zu gehen. Die Männer und Bursche gingen nun hinauf ins Birkicht, und der Fremde bedeutete sie, sie möchten jetzt ganz stille sein, und auch still stehen bleiben, sobald er seine Mütze fallen lasse. Bald darauf that er letzteres, stand, legte an, zielte, schoß. Keiner sah ein Wild – jener aber, als sie fragten, weshalb und nach was er geschossen habe, antwortete: Der Hirsch liegt. Dann führte er die Gefährten weit und tief in das Dickigt, und da lag ein frischgeschossener Hirsch, und war aufs Blatt getroffen. Der Mann war ein Freischütze. Der alte Schmieds Sömme (s. S. 132) war auch einer. Einmal saß er auf Wild spannend im Atterod, da fuhr der Teufel durch die Luft, und der alte Sömme schoß nach ihm, und traf ihn so, daß er ein Faß Branntwein, den der Teufel vor kurzem erst in dieser Gegend erfunden hatte, herunter fallen lassen mußte. Dem Sömme that nur leid, daß das Fäßchen vom Sturz entzwei ging.

In Gumpelstadt, 1 Stunde von Altenstein, lebte ein Wildschütz, Namens Kaiser, der war in der ganzen Gegend gefürchtet. Er nahm seine heimlichen Jagdgänge meist in die Ruhlaer und Wilhelmsthaler Forste, und war den Förstern und deren Gehülfen äußerst verhaßt und zuwider. Sie lauerten ihm häufig auf, konnten ihm aber nie etwas anhaben, weil er sie durch Freischützenkünste verblendete. Oft waren sie dagegen in seiner Hand, im Bereich seiner Kugel, doch war nicht Menschenmord des Wildschützen Sache. Nur bisweilen ein kleiner Denkzettel, ein Schreckschuß, damit jene wußten, der Kaiser ist noch wohlauf. Da war ein Jägerbursche in der Ruhl, Namens

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Erster Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 255. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Erster_Band.pdf/263&oldid=- (Version vom 1.8.2018)