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einer dreifachen gewaltigen Steinumwallung vollendete, da war er schon so weit fertig, daß nur noch ein Schlußstein mangelte, und mit diesem kam er bereits vom Thüringer Walde her angesaust, aber die Amme des Ritterfräuleins hatte Unrath gewittert, war mit einer Laterne zum Hühnerstall geschlichen, und wie der Hahn das Laternenlicht sah, meinte er, es sei schon Tag und krähte hell auf. Der Teufel hörte den verhaßten Schrei des Hahnes, der ihm durch alle Glieder fuhr, und da ließ er entweder vor Schreck den Stein fallen, oder warf ihn vor Zorn dahin, wo er jetzt noch liegt. Unter dem Teufelsstein soll ein großer Schatz vergraben liegen.


30.
Seher und Gesichte.

Auf der Weghälfte zwischen der Veßraer Brücke und Themar ist ein Kreuzweg, eine breite Fahrstraße kommt vom Felde rechts nach der Hochstraße, und zur linken geht eine solche in den Wiesengrund und nach der Holzflöße; unter der Hochstraße hindurch ist ein Wässerlein geleitet, dergleichen bedeckte Wasser nennt man im Hennebergischen eine Dohle. Auf dem Kreuzweg über der Dohle findet alljährlich eine Erscheinung Statt. Wer in der Neujahrsnacht um 12 Uhr schweigend an diesen Ort geht, der erblickt die lichte Gestalt eines Engels, welcher eine Papierrolle in der Hand hält, und sie vor den Augen des Sehers aufrollt. Dieser erblickt dann mit goldener Schrift auf der Rolle eine Zahl geschrieben, und diese Zahl ist die

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Erster Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 46. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Erster_Band.pdf/54&oldid=- (Version vom 1.8.2018)