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in die Werra, und wurde bei Henfstedt Tod herausgezogen, Krauthätle III. wird wol noch leben, wenn es nicht gestorben ist.

Ihren alten Hexenthurm, in dem vor Zeiten gar viele arme Hexen gefangen saßen und gefoltert wurden (die Folterwerkzeuge sind noch vorhanden und befinden sich im Antiquarium des Hennebergischen alterthumsforschenden Vereins zu Meiningen), nennen die zu Themar spottweise, wegen seines Schieferdaches „die blaue Kappe,“ und sagen, wenn ein Bürger in den Thurm zu Arrest gebracht wird – zufolge dermaliger Bestimmung des alten Hexenthurmes: „Unser N. N. hat die blaue Kappe aufgesetzt.“


36.
Osterburg und Nadelöhr.

Unterhalb Themar, in der Nähe des Dorfes Henfstedt, erhebt sich auf steilem Kalkberge die Trümmer einer alten, kastellartig mit vier Mauerthürmen und einer hochragenden Warte erbauten Burg, die Osterburg genannt, und beherrscht einen eigenthümlichen Thalkessel, durch den sich ein 50 bis 60 Fuß hoher Felsendamm wie eine Nadel zieht, den am südlichen Ende die Werra durchbrochen hat, und durch den auch, durch eine enge Felsenpforte, gleichsam das Oehr der Nadel, ein Fußweg führt. Vor Zeiten soll dieser ganze Kessel ein See gewesen sein. Wäre im biblischen Gleichniß vom Kameel und Nadelöhr unter ersterem nicht etwas anderes verstanden, so könnte jenes Kameel, das sich oberhalb Themar sehen ließ, und dem Kameelbrunnen

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Erster Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 56. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Erster_Band.pdf/64&oldid=- (Version vom 1.8.2018)