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Sage meldet, daß Vachdorf einst von allen seinen Einwohnern völlig entblößt gewesen sei, und führt als Grund davon eine verheerende Pest an. Von solchen Volkspesten sind auch Sagen im Grunde der Jüchse, namentlich von den Dörfern Jüchsen und Neubrunn umgehend. Da nun Vachdorf völlig ausgestorben war, so kamen Ziegeuner in das verödete menschenleere Dorf, und machten sich in selbem seßhaft, vertheilten unter sich Aecker und Güter, und wohnten lange da, ehe nur in der Umgegend jemand daran dachte, daß Vachdorf jetzt eine andere Bevölkerung, als die frühere habe, denn die Nachbardörfer waren ja ebenfalls fast ganz ausgestorben. Man will an den heutigen Vachdorfern immer noch Spuren jener Abstammung wahrnehmen. Die Meininger Stadtchronik führt das erste Auftreten von Zigeunern erst unterm Jahr 1435 an, da deren auf dem Markte tanzten. Aber hundert Jahre vorher durchwüthete der schwarze Tod das Werrathal, und nicht unmöglich ist es, daß ihn die Sage mit jener entvölkernden Pest meint.


39.
Die weiße Jungfrau mit dem Schwerte in der Brust.

Auf dem Belriether Berge ist eine kahle Stelle, nur vereinzelt mit alten Fichtenstämmen bewachsen; auf dieser Stelle erhebt sich ein länglicher Hügel, just wie ein Grab, an dessen Spitze eine uralte, ganz krüppelige und knorrige Fichte steht, die gar nicht mehr wächst. Nun war vor alter Zeit auf der Burg zu Belrieth, von der man jetzt

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Erster Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 60. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Erster_Band.pdf/68&oldid=- (Version vom 1.8.2018)