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angesiedelt, eins davon, Dolmarsdorf, hatte von ihm den Namen entlehnt; jetzt ist’s eine Wüstung, in der die Sage eine weiße Jungfrau wandeln läßt, insgemein die letzte Ueberlieferung von altgermanischen Priesterinnen, welche heilige Quellen hütheten, und in deren Nähe wohnten. Es soll auf dem hohen Berggipfel auch in alter Zeit ein Schloß gestanden haben, welches Herren von Kündorf inne hatten – doch verschwand dasselbe längst schon völlig spurlos; ein späteres Jagdschlößchen, das Herzog Moritz zu Sachsen droben errichten ließ, ist ebenfalls, bis auf eine geringe Spur, vom Sturm der Zeit hinweggeweht worden. Manche örtliche Namen in des Dolmars Nähe klingen uralt, halb mythisch, so Utendorf, am Fuße des Berges, Helba, nach Meiningen zu, Welkershausen, von Sebast. Güth, der nichts von Walküren der scandinavischen Mythe wußte, 1676 Wahlkürhausen geschrieben. Zwischen Helba und Utendorf in einem Wiesengrunde die beiden Armlöcher, zwei bisweilen ganz trockene Wasserkessel, aus denen zu Zeiten Wasser mit starker Heftigkeit hervorbricht. Sie sollen der Sage nach mit der Schwarza in Verbindung stehen, und in diese letztere geworfene Flachsknoten aus den Armlöchern hervorkommen. Auf dem Berge zwischen Kühndorf und Rohr höre man Wasser rauschen, geht die Sage. Am südlichen Dolmarabhang liegt auch das Dorf Christes, das seinen Namen von einer Wunderquelle: Brunnen Christi genannt, empfing. Es geschahen große Wallfahrten dorthin, frühzeitig wurde eine Kirche gebaut und reich begabt, auch wurde dieses „Gotteshaus zu unser lieben Frauen zum Christus“ mit plastischem Bildwerk und Wandmalereien geschmückt. – Im Christesser Revier auf dem Schießplatze

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Ludwig Bechstein: Thüringer Sagenbuch. Erster Band. C. A. Hartlebens Verlags-Expedition, Wien und Leipzig 1858, Seite 80. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Bechstein_-_Th%C3%BCringer_Sagenbuch_-_Erster_Band.pdf/88&oldid=- (Version vom 1.8.2018)