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erscheint. Stets aber steht mit der Verschiedenartigkeit dieser Beziehungen die Art der künstlerischen Behandlung im Einklang. Der bedeutsamen Stellung, die das Figürliche auch in den eigentlichen Landschaftsbildern einnimmt, entspricht das charakteristisch Eingehende der Durchführung; wie aber zu solcher Illustrirung der Landschaft niemals eine Scene von zu selbständigem, individuellem Interesse gewählt ist, so zeigt sie auch nicht einen Grad detaillirter Behandlung, der den Eindruck des Ganzen schädigen würde, während die Landschaft auch in ihrer reichen Durchbildung so gehalten ist, dass sie die Bedeutung der Staffage zur vollen Wirkung kommen lässt. Bei einzelnen der hier neu veröffentlichten Compositionen, zuweilen besonders an einer gewissen Befangenheit in der Behandlung des figürlichen Theils , verräth sich, dass sie noch der Entwicklungsperiode des Künstlers angehören; mitunter, wie z. B. bei der weiblichen Gestalt in dem Bild von Amalfi, wird man lebhaft an die Einflüsse Schnorr’s erinnert. – Gemalt hat Richter verhältnissmässig nur wenig. Wie lebendig, frisch und poetisch sein Farbengefühl ist, bekunden die in Oel ausgeführten Landschaften, besonders aber die Aquarellbilder durchgehends; die künstlerische Eigenthümlichkeit Richter’s und der Gang seiner Entwicklung brachten es jedoch mit sich, dass das specifisch Coloristische, wie es sich in der Landschaft mit dem tieferen Eindringen in die Geheimnisse des atmosphärischen Lebens, der Luft- und Lichtstimmung ausgebildet hat, nicht das ist, worin die Hauptwirkung seiner Bilder beruht. Zuweilen vielleicht etwas bunt in der Färbung, sind sie gleichwohl, wie z. B. der Brautzug in der Dresdener Galerie, durch die eigenthümlich naive Frische des Colorits und die liebevolle Behandlung des Details von ungewöhnlichem Reiz.

Von den italienischen Landschaften hat Richter zwei während seines römischen Aufenthaltes ausgeführt: Ein Thal bei Amalfi mit dem Blick auf den Meerbusen von Salerno und eine Gegend bei Rocca di Mezzo; die übrigen nach seiner Rückkehr von Italien: Ariccia und Civitella, eine zweite Ansicht von Rocca di Mezzo und eine Gegend von Palästrina, mehrere Ansichten von Bajä, einen Erntezug italienischer Landleute, die Abendandacht am Fuss des Monte Serrone, eine andere Gegend bei Monte Serrone während eines Gewitters, eine Osteria bei Tivoli, den Brunnen bei Grotta Ferrata und eine Gegend aus der römischen Campagna. Eine Anzahl der Bilder hat Richter selbst meisterlich radirt und eine Reihe dieser Radirungen, die fast schon völlig vergriffen waren, bildet in neuen Abdrücken den grösseren Theil der nachfolgenden Blätter.

Lange Zeit nach Richter’s Rückkehr in die deutsche Heimath waren die italienischen Studien noch immer die

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Hermann Lücke: Landschaften von Ludwig Richter. Alphons Dürr, Leipzig 1875, Seite 6. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Richter_Landschaften.pdf/9&oldid=- (Version vom 12.12.2020)