Seite:Ludwigs des Bayern Königswahlgesetz Licet iuris vom 6. August 1338.pdf/4

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während in den anderen Texten der durch die Majorität der Kurfürsten Erwählte nicht nur für einen wirklichen König, sondern auch ohne weiteres für einen wirklichen Kaiser erklärt wird.

Müller sieht nun in der Ueberlieferung bei Occam den Text des Gesetzes, wie es modificiert aus den Berathungen des Kaisers mit den Kurfürsten hervorgegangen sei (Lex variata), während er in dem andern Texte den ursprünglichen Entwurf des Kaisers (Lex invariata) erblickt. Die Kurfürsten hätten dem Kaiser nicht zugestehen wollen, dass der Königswahl jene Wirkung bezüglich des Kaiserthums beigelegt werde. So hätte man sich denn auf jene bei Occam überlieferte Fassung geeinigt, welche in voller Uebereinstimmung mit den Renser Beschlüssen vom 16. Juli 1338 stehe.

Die Gründe, mit welchen Müller diese Annahme zu stützen versucht, erscheinen mir keineswegs ausreichend, wie ich später zu zeigen gedenke; vorher aber glaube ich den Nachweis führen zu sollen, dass die Grundlage jener Annahme unrichtig ist, dass nämlich der Text des Occam nichts anderes ist, als ein verkürzter Auszug aus dem Texte des Nicolaus Minorita.

Occam giebt in seiner Schrift ausser jenem Auszuge aus dem ‚Licet iuris‘ auch solche aus dem Bündnisvertrage der Kurfürsten und dem Weisthum über die Königswahl vom Tage zu Rense am 16. Juli, und daneben Nachrichten über jene Stücke, welche er wie die Auszüge selbst nur aus dem Werke des Nicolaus entnommen haben kann.

Dass Occam die Bündnisurkunde nur bei Nicolaus benutzt haben kann, zeigt deutlich der Text. Ludwig Weiland hat in seinem Aufsatze über die Sprache des Kurvereins und des Weisthums zu Rense[1] dargelegt, dass der lateinische Text der Urkunde, wie ihn das Werk des Nicolaus enthält, nicht ein ursprünglicher lateinischer Entwurf, sondern eine Uebersetzung einer der deutschen Originalurkunden ist, die in eigenthümlicher Weise sich als Kollektivurkunde der Kurfürsten giebt, während sie thatsächlich, wie einzelne Wendungen zeigen, auf Grund einer der deutschen Einzelurkunden eines Kurfürsten verfasst ist. Es ist namentlich eine Stelle, an welcher der lateinische Text der angeblichen Kollektivurkunde bei Nicolaus verräth, dass er einer der Einzelurkunden entnommen ist. Es heisst dort: ‚nostri ac aliorum principum

  1. N. A. XVIII, 329—335.