Seite:Luther Das Newe Testament Deutzsch 229.jpg

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Vorrhede auff die Epistel Sanct Paulus zu den Romern.

Djse Epistel ist das rechte hewbtstuckt des newen testaments, vnd das aller lauterst Euangelion, Wilche wol wirdig vnd werd ist, das sie eyn Christen mensch nicht alleyn von wort zu wort auswendig wisse. sondern teglich da mit vmb gehe als mit teglichem brod der seelen, denn sie nymer kan zu viel vnd zu wol gelesen odder betrachtet werden, Vnd yhe mehr sie gehandelt wirt, yhe kostlicher sie wirt, vnnd bass sie schmeckt, Darumb ich[1] auch meynen dienst da zu thun wil, vnd durch dise vorrhede eyn eyngang da zu bereytten, so viel myr Gott verliehen hat, damit sie deste bas von yderman verstanden werde, Denn sie biss her, mit glosen vnd mancherley geschwetz vbel verfinstert ist, die doch an yhr selb eyn helles liecht ist, fast gnugsam die gantze schrifft zu erleuchten.

Auffs erst mussen wyr der sprach kundig werden, vnd wissen, was sanct. Paulus meynet durch dise wort, Gesetz, Sund, Gnad, Glawb, Gerechtigkeyt, Fleysch, Geyst, vnd der gleychen, sonst ist keyn lesen nutz daran, Das wortlin Gesetz, mustu hie nicht verstehen menschlicher weyse, das eyn lere sey, was fur werck zu thun odder zu lassen sind, wie es mit menschen gesetzen zu gehet, da man dem gesetz mit wercken gnug thut, obs hertz schon nicht da ist, Gott richtet nach des hertzen grundt, darumb foddert auch seyn gesetz des hertzen [4] grund, vnd lessit yhm an wercken nicht benugen, sondern strafft viel mehr die werck an hertzen grund gethan, als heucheley vnd lugen, da her alle menschen lugener heyssen Psal. 115. darumb, das keyner aus hertzen grund Gottis gesetz hellt nach hallten kan, denn yderman findet bey sich selbs vnlust zum gutten vnd lust zum bosen, Wo nu nicht freye lust zum gutten, da ist des hertzen grund nicht am gesetz Gottis, da ist denn gewißlich auch sund vnd zorn verdienet bey Got, ob gleych ausswendig viel gutter werck vnd erbars leben scheynen.

Da her schleust S. Paulus am andern Capitel, das die Juden alle sunder sind, vnd spricht, das alleyn die thetter des gesetzs rechtfertig sind bey Gott, Will da mit, das niemant mit wercken des gesetzs theter ist, sondern sagt viel mehr zu yhnen also, Du lerist man solle nicht ehebrechen vnd du brichst die ehe, Jtem warynnen du richtist eynen andern, darynnen verdampstu dich selbs, weyl du eben das selbs thust, das du richtist, Als solt er sagen, du lebist eusserlich feyn ynn des gesetzs wercken, vnd richtist, die nicht alßo leben, vnd weyssist yderman zu leren, den splitter sihistu ynn der andern auge, aber des balcken ynn deynem auge wirstu nicht gewar, denn ob du wol außwendig das gesetz mit wercken helltist aus furcht der straff oder liebe des lohns, so thustu doch das alles on frey lust vnd liebe zum gesetze, sondern mit vnlust vnd zwang, wolltist lieber anders thun, wenn das gesetze nicht were, Daraus denn sich schleussit, das du von

Empfohlene Zitierweise:
Martin Luther: Das Newe Testament Deutzsch. [Melchior Lotther d. J. für Christian Döring und Lukas Cranach d. Ä.], Wittenberg 1522, Seite 223. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Luther_Das_Newe_Testament_Deutzsch_229.jpg&oldid=- (Version vom 14.10.2016)
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